In den neuen Tag bin ich galoppiert, verschwitzt, aktiv und schon verärgert. Am morgen früh ist schon einiges erledigt: ein schweres Aufstehen und schnelles Zusammenpacken, Fahrradrasen und der Knall hinter den geschlossenen Türen der Kindergärten, wohin meine beiden Kleinen gebracht wurden.
Jetzt kann ich ausatmen, ich entschleunige mich und komme ins achtsame Beobachten. Unmittelbar klapperten die Krähen mit den Schnäbeln, thronten auf dem Feld beim Abwarten-Aushalten. Und da, hinter dem Milchschleier sind die Häuserkonturen und die nebeligen Illusionen der Gemütlichkeit: ein behäbiger Morgen mit Kaffee und frischgebackenen Semmeln, das Rascheln des vom Tisch fallenden Zeitungsblattes und die schneeweißen Vorhänge. Er schlägt das Fenster auf, zur Begrüßung des neuen Tages und der kaum zu sehenden Horizontlinie. Die Luft draußen im Kontrast zum warmen Kohlendioxiddamf drinnen ist so frostig, duftig, kräftig mit den Aromen von brennenden Holz, verfaulten Blättern und Dünger gewürzt. Die Frische und Kälte durchflutet ihn wellenweise und er saugt die Energie des frühwinterlichen Tages ein. Das Leben ist schön!!
Aber vielleicht ist alles jenseits des Nebels komplett anders. Mit einem schrillen Kikareki und elektronischen Glöckchen bricht der Wecker aus dem Smartphone in den Traum und zerstampft die nächtliche Spielerei des Unbewussten. Aber sie möchte so gern noch fertig schauen, bis zum bestimmten Punkt laufen, bis zu Ende erzählen. Aber der unpassende Laut schallt durch den Kopf und das Leben mit seinen Kleinigkeiten und seiner Hektik stürzt auf sie hinein.
Die Lampe in der metallischen Umrahmung, die sie noch verheiratet gekauft hat, fängt die ersten Boten der Sonne und blendet heftig in die Augen. Jetzt muss sie aufstehen und mit kleinen langsamen Schritten in den neuen Tag spazieren, aber sie möchte verzweifelt das Eine – nur vor der Tür stehenbleiben. Sich einfach in der zeitlosen Pause ausruhen, außerhalb von Heute, Gestern und Morgen.
Also, was versteckst du hinter dir, der milchweiße Vorhang?
Das Leben der Anderen ist voll Illusionen und zieht uns an. Das Leben der Anderen kannst du selbst fertig nachdenken, und dann triffst du immer die richtige Entscheidung und du kannst alles perfekt schaffen. Aber was machen auf diesem Ufer, neben dem struppigen, vom Nebelfrost versilberten Grass, auf dieser ergrauten Kante des Feldes, mittendrin des abwartenden Krähenschwarms?
Das ist noch längst nicht klar.